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Im Namen des Heiligen Vaters

Wie fundamentalistische Mächte den Vatikan steuern

Erschienen am 12.04.2010
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783453167247
Sprache: Deutsch
Umfang: 384 S.
Format (T/L/B): 3.5 x 21.9 x 14.5 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Wer zieht die Fäden im Vatikan? Bestimmen fundamentalistische Bewegungen die Entscheidungen des Papstes? Hanspeter Oschwald, Kirchenkenner mit besten Kontakten in den Vatikan, zeigt auf, welche Rolle Opus Dei, Legionäre Christi und andere konservative, elitäre »Movimenti« im feinen Netzwerk der vatikanischen Macht spielen. Ein schonungsloser und höchst erhellender Blick auf die geheimen Strippenzieher in Rom. Papst Benedikts Entscheidungen bewegen die Gemüter - von einer Wende rückwärts ist die Rede, und immer mehr Menschen wenden sich verschreckt von der Kirche ab. Wer oder was steckt dahinter? Wie steht der Pontifex zu den reaktionären Meinungen und Zielen der Fundamentalisten, die immer häufiger Schlüsselstellen in den Behörden der Kurie besetzen? Ist er ein stiller Dulder oder profitiert er gar vom konservativen Gedankengut der charismatischen »Erneuerungsbewegungen«? Hanspeter Oschwald schaut hinter die hohen Mauern des Vatikans und macht eines unmissverständlich klar: Meter um Meter sichern sich die religiösen Eiferer den Boden rund um den Heiligen Stuhl. Der Mann mit dem schlohweißen Haar hat seinen Apparat nicht sicher im Griff.

Autorenportrait

Hanspeter Oschwald, geboren 1943, ist Buchautor und Journalist. Er war Redakteur bei der "Welt" und Auslandschef beim "Focus" und hat bereits zahlreiche Bücher zu Themen des Glaubens und der Kirchenpolitik veröffentlicht. Die Geschicke des Vatikans und der katholischen Kirche verfolgt er schon seit langem: er war sechs Jahr lang dpa-Korrespondent in Rom, wo er eng Bekanntschaften mit hochrangigen Mitgliedern der Kurie, aber auch mit Verwaltungsangestellten und "ganz normalen" Einwohnern des Vatkans geschlossen hat. Von 2001 - 2008 leitete er die Burda-Journalisten-Schule in Offenburg. Er lebt heute in Rom und Zell am Harmersbach (Schwarzwald).

Leseprobe

In meiner über vierzigjährigen Erfahrung in der Vatikanberichterstattung habe ich lernen müssen, dass an kaum einem anderen Ort so sehr versucht wird, Informationsfluss zu behindern oder ganz zu unterdrücken wie in der katholischen Kirche. Die Kurie umgibt sich noch immer mit einem Schleier des Geheimnisvollen. Das fördert natürlich im Gegenzug Indiskretionen und Gerüchte. Selten kann man Quellen offen benennen, weil zwar so manch ein Kurienmitarbeiter gern gezielte Hinweise an die Öffentlichkeit lanciert, gewöhnlich aber nicht mit seinem Namen dazu stehen mag. Dies ist durchaus verständlich, könnte es ihm doch erhebliche Schwierigkeiten bereiten. Immerhin benötigt heute nicht mehr jeder Prälat, der bereit ist, Journalisten Rede und Antwort zu stehen, eine vorherige Erlaubnis seiner Behörde, wie es früher üblich war. Doch ganz gleich, ob mit oder ohne Genehmigung: Redselig werden diese Meister der Diskretion ohnehin nur, wenn sie nicht namentlich zitiert werden. Was für die Kurie gilt, das trifft noch mehr für die geistlichen Gemeinschaften und Bewegungen zu, deren notorische Geheimniskrämerei so weit geht, dass einige zu Recht als »Geheimsekten« bezeichnet werden. Doch auch in anderen Fällen, wo man sich den äußeren Anschein gibt, alles offenzulegen, haben mich meine Gesprächspartner darum gebeten, ihre Namen auf keinen Fall zu nennen. Verstohlen geäußerte Sätze wie »Sie glauben ja gar nicht, wie weit deren Einfluss reicht« habe ich mir nur allzu häufig anhören müssen. Vor allem gläubige Katholiken, die die althergebrachten Kirchenstrafen noch richtig ernst nehmen und entsprechend fürchten, haben zwar nicht schweigen, sich aber auch nicht offen bekennen wollen. Zum Schutz meiner Informanten habe ich deshalb in diesem Buch viele Quellen anonymisieren müssen, und dies erst recht, wenn es um jene willigen Helfer geht, die sich gern brüsten, im Namen des Heiligen Vaters zu handeln. Das ist bedauerlich, aber leider völlig unvermeidlich. Die katholische Kirche vertritt den Anspruch auf die absolute Wahrheit. Journalisten sind, wie könnte es auch anders sein, natürlich nur auf der Suche nach ihr. Wer aber auf ein Stückchen irdischer Wahrheit über die Kirche stößt und die Dreistigkeit besitzt, auch noch darüber berichten zu wollen oder, bescheidener gesagt, die Wirklichkeit darzustellen, wie sie ist, der wird sogleich als Kirchenhasser abgetan. So ist es vielen, auch mir, völlig ungerechtfertigt widerfahren. Solche vorschnelle und einseitige Polemik verfolgt einen einzigen Zweck: Auf diese Art hält man sich die Auseinandersetzung mit Kritik und Kritikern vom Leib. Wer die Wahrheit schreibt, wird also leicht zum angeblichen Kirchenfeind. Und dort, wo die Kurie zugreifen kann, übt sie auch gern mal Druck auf Verlage aus, die kritische Bücher veröffentlichen oder es beabsichtigen. So haben mir Theologen bisweilen von seltsamen, plötzlich auftretenden Vorbehalten gegen längst beschlossene Buchprojekte berichtet, wo der Verdacht nahelag, dass kirchliche Verlagsinteressen beeinträchtigt waren. In einem Fall war sogar ein neutrales Verlagshaus betroffen und keineswegs ein katholischer Verlag; man habe wohl, zumindest interpretiert der betroffene Autor die Angelegenheit so, einen Wink aus Rom erhalten. Auch angesichts solcher Erfahrungen möchte ich etwas an sich Selbstverständliches im Voraus feststellen: Ich habe nicht beabsichtigt, irgendjemanden in seinem Glauben zu irritieren. Ich bin kein Missionar und mache mich nach bewährtem journalistischem Ethos weder mit dem Guten noch mit dem Bösen gemein. Ich will nur Licht in jene Welt bringen, die sich anmaßt, wahre Kirche zu sein, die sich über alle anderen erheben darf und deren Helfer meinen, im Namen des Heiligen Vaters direkt oder indirekt in unser Leben hineinreden zu müssen, wobei sie Grundlagen moderner Gesellschaften wie Menschenrechte und Religionsfreiheit missachten. Soweit es möglich war, habe ich immer eine zweite Quelle gesucht, um Fakten zu verifizieren. Dies ist leider ni Leseprobe